Hessen (post)kolonial

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Philaletes Kuhn

Philalethes Kuhn (*13. September 1870 in Berlin; † 4. August 1937 in Bad Tölz), war ein Tropenmediziner und Hygieniker. Am 1. April 1926 wurde er Professor für Hygiene und Direktor des Hygienischen Instituts der Universität Gießen.

1 Ausbildung und militärische Laufbahn

Von 1892 bis 1894 studierte Philalethes Kuhn Medizin an der Kaiser Wilhelms-Akademie für das Militärärztliche Bildungswesen, 1894 legte er das Staatsexamen ab, im selben Jahr folgte die Promotion. Kuhn wurde im Jahr 1895 Assistenzarzt; 1896 wurde er in die kaiserliche Schutztruppe für Deutsch-Südwestafrika versetzt. Dort nahm er ein Jahr später am Feldzug gegen die Zwartbooi-Nama und Nordwest-Herero teil. Danach war er von 1897 bis 1900 außerdem Distriktschef von Grootfontein.

1902/03 arbeitete er vorrübergehend am Institut für Tropenkrankheiten in Hamburg, bevor er 1906 Stabsarzt der Schutztruppen in der Kolonialabteilung des Auswärtigen Amtes wurde. 1909 bis 1912 arbeitete er ohne Gehalt zu Forschungszwecken in der Bakteriologischen Abteilung des kaiserlichen Gesundheitsamts in Berlin. Noch im Jahr 1912 wurde er Leiter des Regierungshospitals in Kamerun, Chefarzt der Schutztruppe und als Nachfolger Hans Ziemanns Medizinalreferent des Schutzgebiets. 1914 wurde Philalethes Kuhn wieder als Assistent am Institut für Schiffs- und Tropenhygiene des Reichskolonialamts eingesetzt und im Juni 1914 aus dem aktiven Militärdienst verabschiedet.

2 Akademische Karriere

Noch im selben Jahr erhielt Philalethes Kuhn den Professorentitel im Fach Hygiene an der Universität Straßburg, wo er sich habilitierte. Während des Ersten Weltkriegs war er Chefarzt und Armeehygieniker. Danach wurde er als Generaloberarzt verabschiedet und forcierte eine universitäre Karriere.

1919/20 übernahm Kuhn die Professur für Hygiene an der Universität Tübingen, 1920 dann an der Technischen Hochschule in Dresden. Dort war er auch von 1920 bis 1923 stellvertretender Vorsitzender des Vereins des Deutschen Hygiene-Museums. Schließlich übernahm er am 1. April 1926 die Professur für Hygiene an der Universität Gießen sowie die Leitung des Hygienischen Instituts. Philalethes Kuhn emeritierte am 1. Mai 1935 und erhielt die Ehrendoktorwürde.

3 Forschungsbereiche und Tätigkeit als „Rassenhygieniker“

Forschungsschwerpunkte Philalethes Kuhns waren Alkohol in den Tropen, die Erforschung und Bekämpfung der Malaria, die Schlafkrankheit, Multiple Sklerose und die afrikanische Pferdepest. Außerdem war er ein führender „Rassenhygieniker“ seiner Zeit. Schon 1905 war er Mitbegründer der „Deutschen Gesellschaft für Rassenhygiene“. 1923 war er der NSDAP beigetreten, 1931 erneut. Im Jahr 1932 war er Mitglied im NS-Lehrerbund und nahm an „rassenhygienischen Schulungskursen“ des Nationalsozialistischen Deutschen Ärztebundes teil, außerdem auch an den Bücherverbrennungen.

Kuhn war zudem einer der ersten Professoren, die das Thema „Rassenhygiene und Bevölkerungspolitik“ in ihre Vorlesungen aufnahmen.

Wegen einem Schlaganfall am 1. Mai 1935 musste Philalethes Kuhn alle seine Ämter niederlegen. Er starb am 4. August 1937 während eines Kuraufenthaltes in Bad Tölz. Er wurde auf einem Gießener Friedhof begraben.

4 Literatur

  • Jürgen Peter: Der Einbruch der Rassenhygiene in die Medizin. Auswirkung rassenhygienischen Denkens auf Denkkollektive und medizinische Fachgebiete von 1918 bis 1934. Frankfurt 2004.
  • Frank Becker (Hrsg.): Rassenmischehen, Mischlinge, Rassentrennung: Zur Politik der Rasse im deutschen Kolonialreich. Stuttgart 2004.
  • Manuela Bauche: Medizin und Herrschaft: Malariabekämpfung in Kamerun, Ostafrika und Ostfriesland (1890-1919). Frankfurt 2017.

Zuletzt geändert: 15. Sep 2023, 14:21, Horstmeier, Philipp [horstmep]