Blog zur Lehrveranstaltung Exploratives Schreiben
Sarah Haas: Hat das Jetzt ein Mindesthaltbarkeitsdatum?
[winteru] - 27. Sep 2021, 15:21
Was ist es eigentlich, dieses Jetzt?
Meinen sie alle das gleiche, wenn sie einen auffordern, jetzt auf der Stelle aufzuhören, sich Gedanken über solch irrelevanten Themen wie dieses hier zu machen und wenn sie einem den weisen Ratschlag geben, im Hier und Jetzt zu leben?
Und muss ich dann automatisch verstehen, was ihr Jetzt für mich bedeutet?
Ich glaube, die Frage ist nicht so leicht zu beantworten. Um ehrlich zu sein, habe ich noch keine allgemeingültige Antwort darauf gefunden.
Was ist es denn theoretisch?
Das ist immer ein guter Ansatz. Auf die Theorie kann man bauen. Sie ist solide; zumindest, wenn es um so etwas wie Wortbedeutungen geht. Sie gibt uns scheinbar immer eine befriedigende Antwort auf Fragen, die uns zunächst zum Verzweifeln bringen.
Kann sie uns auch hier helfen?
In der Theorie bezeichnet das Jetzt einen mehr oder weniger eng begrenzten Zeitraum in der Gegenwart, in dem etwas passiert; indem etwas begonnen oder beendet wird. Jetzt bedeutet jetzt. Nicht gleich oder bald. Sondern jetzt.
Naja. Mehr oder weniger, das klingt nicht ganz so eindeutig. Wenn man es so liest, wird man schnell feststellen, dass die Erwartungen wohl etwas zu hoch waren. Die Theorie hat also auch ihre Grenzen. Aber genau genommen ist etwas anderes das eigentliche Problem: dieses Jetzt. Seine Bedeutung und nicht bloß seine reine Definition. Seine Praxis.
Auf solche Anfragen hin bleibt die Theorie aber stumm.
Also muss auf andere Mittel zurückgegriffen werden. Mittel, die noch gefunden werden müssen.
Es gilt zu klären, was dieses Jetzt wirklich ist; wo es anfängt und wo es aufhört. Ist es irgendwann einfach abgelaufen, wie ein verdorbenes Lebensmittel oder eine überschrittene Frist? Oder ist es darüber hinaus „haltbar“? Es ist ja eben nur mehr oder weniger begrenzbar. Und das macht das ganze ziemlich kompliziert.
Wenn mich jemand fragt, ob ich ihm jetzt helfen, ihn jetzt anrufen oder wir uns jetzt auf einen Kaffee treffen wollen, dann weiß ich nicht automatisch, was er mit Jetzt meint. Problematisch wird es erst dann, wenn von mir erwartet wird, dass ich es auf Anhieb verstehe.
Heißt es, dass ich innerhalb der nächsten Minute damit rechnen soll? Oder bedeutet das Jetzt, sobald ich kann? Darf ich diesen Text beenden? Oder wird von mir verlangt, dass ich auf der Stelle alles stehen und liegen lasse, nur um nachher gesagt zu bekommen, dass mit jetzt doch nicht jetzt direkt gemeint war.
So wird das Ganze gleich noch frustrierender.
Aber betrachten wir die Sache mal von einer anderen Seite: Ist es nicht sogar von Vorteil, dass sich das Jetzt nicht so leicht fassen lässt? Dass es sich nicht begreifen lässt?
Wie einengend wäre es, wenn das Jetzt eine feste Bedeutung hätte. Wenn es mit einer Zeitspanne von zwei, drei oder vier Minuten gleichgesetzt und damit ultimativ, bis in alle Ewigkeit festgelegt werden würde. Wenn es eine Frist, ein Mindesthaltbarkeitsdatum hätte, das einfach abläuft wie eine Sanduhr oder Blechbüchsen voller konservierter Lebensmittel. Und danach ist es einfach vorbei. Dann hätte man ja gar keine Ausrede mehr, wenn man mittags behauptet, jetzt den Abwasch zu erledigen und es im Endeffekt doch erst abends macht, weil man es letztlich, ob bewusst oder unbewusst, verdrängt hat.
Macht es diese ganze Diskussion nicht noch spannender?
Nimmt es nicht eher den Druck, wenn die Leute einem empfehlen, im Hier und Jetzt zu leben? Immerhin kann ich selbst entscheiden, was es für mich bedeutet, dieses Hier und Jetzt. Je nachdem, wie es für mich passt, kann es wie das Morgen sein oder das Übermorgen. Denn das Jetzt hat bekanntlich weder einen Anfang noch ein Ende. Es schreibt mir keiner vor, wie ich es allgemein zu deuten habe. Es ist rein subjektiv. Und solange mir keiner das Gegenteil beweist, halte ich daran fest.
Für diesen Moment reicht mir meine Antwort, dass es keine endgültige Antwort gibt. Egal, wie ich es drehe und wende.
Aber wenn man mich bald noch einmal fragen sollte, was ich denn jetzt über das Jetzt denke, dann werde ich wohl antworten, dass ich es jetzt noch nicht endgültig weiß. Aber das ist ja nicht problematisch, sondern eher diplomatisch. Denn das Jetzt hat, wie wir nun wissen, kein Mindesthalbbarkeitsdatum.
Meinen sie alle das gleiche, wenn sie einen auffordern, jetzt auf der Stelle aufzuhören, sich Gedanken über solch irrelevanten Themen wie dieses hier zu machen und wenn sie einem den weisen Ratschlag geben, im Hier und Jetzt zu leben?
Und muss ich dann automatisch verstehen, was ihr Jetzt für mich bedeutet?
Ich glaube, die Frage ist nicht so leicht zu beantworten. Um ehrlich zu sein, habe ich noch keine allgemeingültige Antwort darauf gefunden.
Was ist es denn theoretisch?
Das ist immer ein guter Ansatz. Auf die Theorie kann man bauen. Sie ist solide; zumindest, wenn es um so etwas wie Wortbedeutungen geht. Sie gibt uns scheinbar immer eine befriedigende Antwort auf Fragen, die uns zunächst zum Verzweifeln bringen.
Kann sie uns auch hier helfen?
In der Theorie bezeichnet das Jetzt einen mehr oder weniger eng begrenzten Zeitraum in der Gegenwart, in dem etwas passiert; indem etwas begonnen oder beendet wird. Jetzt bedeutet jetzt. Nicht gleich oder bald. Sondern jetzt.
Naja. Mehr oder weniger, das klingt nicht ganz so eindeutig. Wenn man es so liest, wird man schnell feststellen, dass die Erwartungen wohl etwas zu hoch waren. Die Theorie hat also auch ihre Grenzen. Aber genau genommen ist etwas anderes das eigentliche Problem: dieses Jetzt. Seine Bedeutung und nicht bloß seine reine Definition. Seine Praxis.
Auf solche Anfragen hin bleibt die Theorie aber stumm.
Also muss auf andere Mittel zurückgegriffen werden. Mittel, die noch gefunden werden müssen.
Es gilt zu klären, was dieses Jetzt wirklich ist; wo es anfängt und wo es aufhört. Ist es irgendwann einfach abgelaufen, wie ein verdorbenes Lebensmittel oder eine überschrittene Frist? Oder ist es darüber hinaus „haltbar“? Es ist ja eben nur mehr oder weniger begrenzbar. Und das macht das ganze ziemlich kompliziert.
Wenn mich jemand fragt, ob ich ihm jetzt helfen, ihn jetzt anrufen oder wir uns jetzt auf einen Kaffee treffen wollen, dann weiß ich nicht automatisch, was er mit Jetzt meint. Problematisch wird es erst dann, wenn von mir erwartet wird, dass ich es auf Anhieb verstehe.
Heißt es, dass ich innerhalb der nächsten Minute damit rechnen soll? Oder bedeutet das Jetzt, sobald ich kann? Darf ich diesen Text beenden? Oder wird von mir verlangt, dass ich auf der Stelle alles stehen und liegen lasse, nur um nachher gesagt zu bekommen, dass mit jetzt doch nicht jetzt direkt gemeint war.
So wird das Ganze gleich noch frustrierender.
Aber betrachten wir die Sache mal von einer anderen Seite: Ist es nicht sogar von Vorteil, dass sich das Jetzt nicht so leicht fassen lässt? Dass es sich nicht begreifen lässt?
Wie einengend wäre es, wenn das Jetzt eine feste Bedeutung hätte. Wenn es mit einer Zeitspanne von zwei, drei oder vier Minuten gleichgesetzt und damit ultimativ, bis in alle Ewigkeit festgelegt werden würde. Wenn es eine Frist, ein Mindesthaltbarkeitsdatum hätte, das einfach abläuft wie eine Sanduhr oder Blechbüchsen voller konservierter Lebensmittel. Und danach ist es einfach vorbei. Dann hätte man ja gar keine Ausrede mehr, wenn man mittags behauptet, jetzt den Abwasch zu erledigen und es im Endeffekt doch erst abends macht, weil man es letztlich, ob bewusst oder unbewusst, verdrängt hat.
Macht es diese ganze Diskussion nicht noch spannender?
Nimmt es nicht eher den Druck, wenn die Leute einem empfehlen, im Hier und Jetzt zu leben? Immerhin kann ich selbst entscheiden, was es für mich bedeutet, dieses Hier und Jetzt. Je nachdem, wie es für mich passt, kann es wie das Morgen sein oder das Übermorgen. Denn das Jetzt hat bekanntlich weder einen Anfang noch ein Ende. Es schreibt mir keiner vor, wie ich es allgemein zu deuten habe. Es ist rein subjektiv. Und solange mir keiner das Gegenteil beweist, halte ich daran fest.
Für diesen Moment reicht mir meine Antwort, dass es keine endgültige Antwort gibt. Egal, wie ich es drehe und wende.
Aber wenn man mich bald noch einmal fragen sollte, was ich denn jetzt über das Jetzt denke, dann werde ich wohl antworten, dass ich es jetzt noch nicht endgültig weiß. Aber das ist ja nicht problematisch, sondern eher diplomatisch. Denn das Jetzt hat, wie wir nun wissen, kein Mindesthalbbarkeitsdatum.